Erfahren Sie, wie das flexible Mietmodell mit Sockelmiete & variablem Anteil funktioniert, welche Vorteile es bietet und was rechtlich zu beachten ist.
Die Miete von Geschäftsräumen wird in der Schweiz traditionell oft als fester monatlicher Betrag vereinbart. Doch gerade in dynamischen Branchen wie dem Einzelhandel oder der Gastronomie ist ein flexibles Mietmodell oft erwünscht: Die Umsatzmiete. Statt eines starren Mietzinses wird hier eine Kombination aus einer Sockelmiete (Mindestmiete) und einem variablen Anteil definiert, der prozentual vom erzielten Umsatz abhängt. Dieses Modell bietet Chancen für beide Vertragsparteien, birgt aber auch gewisse Risiken und erfordert eine umsichtige Vertragsgestaltung. Im Folgenden finden Sie einen umfassenden Überblick darüber, wie die Umsatzmiete funktioniert, welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten und wie sich dieses Modell in der Praxis auswirkt.
Die Umsatzmiete ist ein Mietzinsmodell, bei dem sich die endgültige Miethöhe zumindest teilweise an den Umsätzen des Mieters bemisst. Typischerweise setzt sich diese Miete aus zwei Komponenten zusammen:
Sockelmiete (Mindestmiete): Ein fixer Betrag, den der Mieter stets zahlt, unabhängig vom Geschäftsgang. Diese Grundmiete deckt die wichtigsten Kosten des Vermieters und beugt dem Risiko vor, bei schwachem Umsatz des Mieters gar keine Einnahmen zu erzielen.
Umsatzabhängiger Teil: Ein vertraglich festgelegter Prozentsatz des relevanten Umsatzes, der erst dann zum Tragen kommt, wenn er über der Sockelmiete liegt.
Der Mieter zahlt damit immer mindestens die vereinbarte Sockelmiete. Steigen die Einnahmen allerdings deutlich an, steigt auch die Miete, denn der prozentuale Anteil wird dann relevant. Juristisch wird dieses Modell durch die Vertragsfreiheit (Art. 19 OR) gestützt. Das Schweizer Obligationenrecht (OR) kennt zwar spezielle Regeln für indexierte und gestaffelte Mieten, nicht jedoch für die Umsatzmiete. Da jedoch der Mietzins bestimmbar sein muss, ist diese Mischform (Sockelmiete plus variable Komponente) prinzipiell zulässig. Der gesetzliche Mieterschutz (Art. 269 ff. OR) bezieht sich dabei normalerweise vor allem auf die Sockelmiete, während der Umsatzanteil im laufenden Vertrag weitgehend der ausgehandelten Risikoteilung unterliegt.
Das folgende Beispiel verdeutlicht das Prinzip der flexiblen Miete. Nehmen wir ein kleines Ladengeschäft in Zürich, das eine monatliche Sockelmiete von 5’000 Franken vereinbart. Zusätzlich wird ein Prozentsatz von 5 Prozent des Monatsumsatzes fällig, wenn der Umsatz so hoch ist, dass 5 Prozent davon über 5’000 Franken liegen. In schwächeren Monaten greift nur die Sockelmiete, bei höheren Umsätzen kann die Miete allerdings steigen. Der Vermieter profitiert vom Erfolg seines Mieters, sichert sich aber zugleich über die Sockelmiete ab. Die konkrete Grenze, ab der die prozentuale Miete greift (hier 100’000 Franken Monatsumsatz), wirkt wie ein Break-even-Punkt. Erst oberhalb dieser Umsatzschwelle verdient der Vermieter mehr als die Mindestmiete.
Die Frage wie hoch üblicherweise dieser Prozentsatz ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Häufig orientieren sich die Prozentsätze an der jeweiligen Branche, dem Standort und den Margenstrukturen des Geschäfts. Im Schweizer Einzelhandel findet man Werte zwischen 3 - 7%, in hochfrequentierten Shopping-Centern kann es leicht mehr sein. In der Gastronomie bewegen sich die Sätze oft im Bereich von 6 - 9%; bei Fast-Food-Konzepten mit hoher Kundenfrequenz sind bis zu 14% möglich. Diese höheren Werte spiegeln meist die besondere Standortqualität und die typischen Gewinnmargen in diesem Segment wider. Grundsätzlich gilt: Je niedriger die Sockelmiete, desto höher fällt oft der prozentuale Anteil aus – und umgekehrt.
Wichtig ist, dass die Verteilung von Risiken und Chancen fair bleibt und sich die Geschäftsidee unter realistischen Annahmen für beide Seiten trägt. Eine umfassende Umsatz- und Kostenkalkulation ist daher unabdingbar. Ebenso sollten die Mietparteien bedenken, dass ein hoher Umsatz nicht automatisch zu höheren Gewinnen führt, da beispielsweise auch Personalkosten oder Wareneinsatz steigen.
Die Umsatzmiete im Einzelhandel ist in der Schweiz weit verbreitet, besonders in Einkaufszentren. Diese werden meist aktiv gemanagt, um einen attraktiven Branchenmix und hohe Kundenfrequenz zu erreichen. Der Vermieter sieht sich hier oft als Partner des Mieters, weil beide ein Interesse an steigenden Umsätzen haben. Neben dem festen Grundbetrag können die erzielten Umsätze in umsatzstarken Zeiten zu einer deutlich höheren Miete führen, was die Investitionen des Vermieters in das Standortmarketing belohnt.
Komplexer wird es, wenn stationäre und Online-Verkäufe verschmelzen. Bei Klick-und-Abhol-Services (Click & Collect) oder Online-Bestellungen, die im Laden abgeholt werden, stellt sich die Frage, ob und wie diese Umsätze einzurechnen sind. Darum ist eine klare Definition im Mietvertrag unverzichtbar. Nur so lässt sich vermeiden, dass es zu Streit kommt, welche Erlöse wirklich auf das Ladengeschäft entfallen.
Das Modell der Umsatzmiete ist auch in der Gastronomie weit verbreitet und kommt in verschiedenen Ausprägungen vor. Häufig liegen die Prozentsätze im mittleren bis oberen einstelligen Bereich. Durch saisonale Schwankungen, Witterung und sich ändernde Trends kann der Umsatz stark variieren. Entsprechend attraktiv ist für Gastronomen ein flexibles Mietmodell, das in schwachen Monaten entlastet. Allerdings müssen sie auch in Hochphasen mehr zahlen. Gerade bei Fast-Food-Konzepten sind zweistellige Prozentsätze keine Seltenheit, da in erstklassigen Lagen hohe Umsätze pro Quadratmeter erwirtschaftet werden.
Wichtig ist die genaue Definition des relevanten Umsatzes: Was passiert mit Trinkgeldern? Werden Erlöse aus Lieferdiensten hinzugerechnet? Werden Provisionen abgezogen? Auch die Behandlung von bargeldlosen Zahlungen oder Online-Services (z.B. Lieferplattformen) sollte im Vertrag klar definiert sein, damit beide Seiten wissen, welche Umsätze als Berechnungsbasis gelten.
Obwohl die Umsatzmiete im Schweizer Obligationenrecht nicht ausdrücklich geregelt ist, beruht sie auf der allgemeinen Vertragsfreiheit (Art. 19 OR) und der Voraussetzung, dass der Mietzins bestimmbar sein muss. Im Streitfall kann die Sockelmiete anfechtbar sein, wenn sie überhöht erscheint. Der variable Anteil wird hingegen als Risikoteilungsvereinbarung betrachtet, die laufend nur schwer wegen Missbräuchlichkeit angefochten werden kann.
Einige zentrale Punkte:
Mieterschutz (Art. 269 ff. OR): Greift meist nur für die Sockelmiete.
Anfechtung der Anfangsmiete (Art. 270 OR): Der Mieter kann innert 30 Tagen nach Objektübernahme auch die Umsatzmietkomponente auf Missbräuchlichkeit überprüfen lassen.
Kündigungsfristen, Retentionsrechte und andere Bestimmungen gelten wie bei herkömmlichen Gewerbemietverträgen.
Weil das Gesetz keine spezifischen Regeln für Umsatzmieten vorgibt, müssen alle Details – von der Umsatzdefinition über Melde- und Prüfpflichten bis hin zu möglichen Betriebspflichten – vertraglich festgehalten werden. Unklar formulierte Klauseln sind ein häufiger Grund für Konflikte.
Eine gute Vertragsgestaltung ist bei der Umsatzmiete entscheidend. Da die variable Miete nicht gesetzlich normiert ist, drohen Missverständnisse, wenn nicht exakt definiert wird, welche Arten von Erlösen in die Berechnung einfliessen. Auch die Pflicht des Mieters, Umsatzzahlen offenzulegen, kann heikel sein, weil sie tiefere Einblicke in betriebsinterne Daten erfordert. Der Vermieter wird sich meist ein Prüfungsrecht einräumen lassen, um sicherzustellen, dass keine Umsätze verschwiegen werden.
Besondere Stolpersteine:
Informationsasymmetrie: Der Mieter kennt alle Erlöse im Detail, während der Vermieter auf gemeldete Zahlen vertrauen muss.
Eingeschränkte Privatsphäre: Da der Mieter unter Umständen Geschäftsdaten offenlegen muss, kann es zu Bedenken bezüglich Geschäftsgeheimnissen kommen.
Anteil Online-Geschäft: Bei Multi-Channel-Modellen stellen sich komplexe Fragen zur Umsatzzuordnung.
Sockelmiete als Mindestkostenblock: Sie hilft dem Vermieter, Fixkosten zu decken, kann aber für den Mieter in schlechten Phasen eine Belastung sein.
Wie bereits erwähnt, sollten zudem beide Seiten bedenken, dass ein Umsatzwachstum nicht immer eins zu eins höhere Gewinne bedeutet, da Kosten für Personal und Rohstoffe meist parallel steigen.
Trotz der erwähnten Risiken und möglichen Konfliktpotenziale hat die Umsatzmiete durchaus Vorteile. Sie sorgt für eine gewisse Risikoteilung: Bei schwachem Geschäft werden Mieter entlastet, bei guten Umsätzen profitiert der Vermieter. In Branchen mit stark schwankender Nachfrage – etwa bei Saisongeschäften oder in Gastronomie und Einzelhandel – stellt dies häufig eine sinnvolle Lösung dar. Darüber hinaus:
Gemeinsames Interesse: Beide Seiten haben ein konkretes Anliegen, das Geschäft bestmöglich zu entwickeln. Der Vermieter kann in einem Einkaufszentrum oder einer Gastronomiemeile aktiv in Marketing investieren, um die Umsätze aller Mieter zu steigern, wovon er im Modell der Umsatzmiete direkt profitiert.
Standortförderung: Durch die variable Komponente sind Vermieter oft bemüht, ihr Objekt attraktiv zu gestalten (z.B. gute Erreichbarkeit, modernisiertes Gebäude, Werbekampagnen).
Planbare Sockelmiete: Der Mindestbetrag sichert dem Vermieter ein kalkulierbares Grundrauschen, während der Mieter weiss, dass er nur oberhalb eines gewissen Umsatzlevels mehr zahlt.
Insofern kann eine gut konzipierte Umsatzmiete eine Win-win-Situation schaffen, in der beide Parteien nicht nur einen reinen Mietvertrag, sondern eine Art partnerschaftliche Beziehung pflegen.
Die Umsatzmiete ist in der Schweiz besonders in Branchen mit schwankender Nachfrage und hohem Margendruck beliebt. Sie bietet Flexibilität, erfordert aber auch eine gründliche vertragliche Ausgestaltung, da das Obligationenrecht hier keine detaillierten Vorgaben macht. Im Kern kombiniert sie eine Sockelmiete mit einer variablen, umsatzabhängigen Komponente, die erst oberhalb eines definierten Break-even-Punkts greift. Bei erfolgreichem Geschäft steigen die Zahlungen, was den Vermieter für das geteilte Risiko entschädigt. Gleichzeitig werden Mieter in schlechten Phasen nicht durch eine zu hohe Fixmiete belastet.
Wichtig ist, alle Details – von der genauen Umsatzdefinition über Prüfungsrechte, Meldefristen und mögliche Betriebs- oder Konkurrenzschutzklauseln – vertraglich klar zu regeln. Für Mieter ist die Tragbarkeit der Sockelmiete zentral, da sie eine existenzielle finanzielle Untergrenze darstellt. Vermieter sollten sich vor Augen halten, dass sie von einem kompetenten, erfolgreichen Mieter langfristig profitieren, wenn sie dessen Umsatzpotenzial realistisch einschätzen und faire Bedingungen vereinbaren. So kann eine Umsatzmiete langfristig eine echte Win-win-Lösung sein, die den Interessen beider Seiten gerecht wird und neue Chancen in anspruchsvollen, wettbewerbsintensiven Märkten eröffnet.
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